Androids Automated Smalltalks
Die erste Sprachmaschine überhaupt (ungeachtet der Tatsache, dass bereits um das 13. Jhdt. Lockrufe durch Lunge, Kehlkopf und Brustkorb toter Kraniche zur Vogeljagd benutzt wurden) stammt 1773 von Christian Kratzenstein.
Etwa zur gleichen Zeit begann auch Baron Wolfgang von Kempelen mit Experimenten zur Imitation menschlicher Sprache. Baron von Kempelen ist heute hauptsächlich wegen seines schachspielenden Türken bekannt; “eine Maschine, die es durch das Nichtwissen um ihre Funktion gestattete, in ihr zu sehen, was die Gesellschaft der Zeit, entsprechend dem Stand der Wissenschaft, zu sehen erwartete, quasi ein technisch-philosophisches Placebo.” (E. Wenzel Mracek: Simulatum Corpus)
Die Rolle der Automaten im 18. Jahrhundert ist v.a. im romantischen Kontext eine erheiternde: E.T.A. Hoffmanns “Magnetiseur” erschafft eine Frau zur „psychischen Apparatur (…) als dämonisch-magischer Agent finsterer Mächte, als hypertropher Sekundärdemiurg, als Konfiguration einer unheilvollen und frevelhaften Selbstüberhebung”.
In “der Sandmann” (ebenfalls v. Hoffmann) ist der Protagonist hingegen “‘ein Philister, der in der gefügigen, stummen, hölzernen Ehefrau sein passendes Pendant findet.’ Die Anspielung nimmt Bezug auf Jean Pauls satirische Erzählung ‘Einfältige, aber gutgemeinte Biographie einer neuen angenehmen Frau von bloßem Holz, die ich längst erfunden und geheiratet’.” (Zitiert von E. Wenzel Mracek: Simulatum Corpus und Wolfgang Müller-Funk)
Im Gegensatz zum schachspielenden Türken ist von Kempelens letzter Sprachautomat bis heute erhalten geblieben und steht (wie einige andere spracherzeugende Maschinen) in der Abteilung für Musikinstrumente des Deutschen Museums in München.
Die Abteilung ist sicherlich kein Zufall, denn Baron von Kempelen sah seinen Sprachautomaten auch als Instrument, denn er meinte, man könne “in einer Zeit von drei Wochen eine bewundernswerte Fertigkeit im Spielen erlangen”.
Die beiden Bilder zeigen Homer Dudleys VODER, ein elektrisches Instrument, das 1939 auf der Weltausstellung gezeigt wurde (links) und Gunnar Fant mit seinem OVE; ein Formantsynthesegerät für Vokale. Klangbeispiele finden sich in der kurzen und sehr interessanten Geschichte der Sprachsynthese.
Ebenso in diesem Zusammenhang zu erwähnen sind die Lichtsprechgeräte. Schon 1881 findet man im “Jahrbuch der Erfindungen” Telefonapparate, die Lichtfrequenzen zur Übertragung von Schallwellen einsetzen. 1950 baute Frank Cooper den “Pattern Playback”, einen inversen Lautspektrografen (Hörbeispiele in der Geschichte der Sprachsynthese).
Heute entfällt (leider?) die Notwendigkeit mechanische Lösungen zu erfinden; Spracherkennung und -synthese sind z.B. unter Mac OS X bereits recht robust implementiert. Mit den Stimmen von Cepstral kann man sich sogar Texte auf Deutsch oder Französisch vorlesen lassen.
Ein interaktives Programm (für Mac OS X) über Sprache, Sprachsynthese und Spracherkennung ist in Vorbereitung und wird, wenn verfügbar, hier veröffentlicht…
Bilder:
· Automaten und Androiden im audiocommander-picBrowser
Links:
· E. Wenzel Mracek: Simulatum Corpus. Vom künstlichen zum virtuellen Menschen (Auszug)
· Geschichte der Sprachsynthese
· Wolfgang von Kempelen on the Web
· Adalbert Wichert: Die menschliche Sprache im 18. Jahrhundert
· Joseph Fabers Amazing Talking Machine of 1845